Eine Gruppe von vier Schülerinnen und ein Schüler (Ramona Wald, Kristina Neumann, Stephanie Brix, André Hanisch, Mia-Katharin Scholz) des Berufsbildungszentrums Schleswig hatten im Rahmen eines Projektes die Geschäfte in Kappeln auf Rollstuhltauglichkeit getestet. Schnell war ein Kontakt hergestellt und so erfuhren wir von der Gruppe, wie sie das Projekt umgesetzt haben.
In einem Zeitfenster von vier Wochen wurde theoretisch geplant und dann begann die Praxis. Stephanie setzte sich in einen Rollstuhl und die Gruppe besuchte ca. 60 Geschäfte. Vor Ort wurde festgestellt, ob die Räumlichkeiten ohne oder mit Hilfe befahrbar sind. Daraus ergaben sich Beurteilungen, die anschließend in Piktogramm-Form verteilt wurden.
Stephanie Brix erzählt: "Eine Woche waren wir damit beschäftigt, die einzelnen Geschäfte zu besuchen. Vor Ort waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hilfsbereit, freundlich aber oft auch unsicher. Entweder waren sie zu weit vom Rollstuhl entfernt oder zu nah dran."
Anregungen der Gruppe an Inhaber oder Filialleiter zu Veränderungen, wie zum Beispiel den Einsatz einer Rampe, wurden dankbar angenommen. Kristina: "Ich glaube, wir haben teilweise Anstöße geben können und darüber sind wir froh". Ob sie deshalb dem Projekt den Namen gegeben haben "Hier wirst du glücklich - Barrierefreiheit in Kappeln"?, Kristina schmunzelt.
Zusätzlich wurde noch ein Flyer entworfen und gedruckt, der in den Geschäften ausliegt.
Wir hatten noch Gelegenheit mit Kristina und Mia-Katharin ein Gespräch zu führen und bedanken uns bei der Gruppe für ihre Unterstützung:
Interview "Kappeln Barrierefrei"
Mia-Katharin Scholz und Kristina Neumann befinden sich beide in der Oberstufe der Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin in Schleswig. Im Rahmen eines Schulprojektes stellten beide sich die Frage, wie Barrierefrei die Stadt Kappeln in Bezug auf die gegebenen Einkaufsmöglichkeiten ist.
"Ja, die Idee entstand letztes Jahr vor Ostern. Wir sollten ein Projekt machen in der Schule. Und da hier in Kappel so viele Absätze an den Eingängen von den Geschäften sind haben wir uns überlegt, dass wir gucken, ob Rollstuhlfahrer gut rein bzw. gut raus können."
Da nur Vier Wochen Zeit waren, um das Projekt zu beenden, fokussierte sich die Projektgruppe auf die Geschäfte und Einkaufsmöglichkeiten.
"Wir hatten erst in der Schule Zeit zu Planen, was wollen wir jetzt machen. Nehmen wir die Geschäfte oder nehmen wir noch mehr dazu. Da haben wir Stundenweise Zeit in der Schule dafür bekommen. Und dann haben wir einfach mal gestartet. Wir hatten erst noch vor vielleicht die Ärzte noch dazu zu nehmen, aber haben dann ziemlich schnell gemerkt, dass die Zeit einfach zu kurz war."
Unterstützung erhielten sie durch die Lehrer ihrer Schule. Mit einer dritten Klassenkameradin, die sich in die Rolle einer Rollstuhlfahrerin begeben hat, machten sie sich auf den Weg, zu erforschen, auf welche Probleme und Hindernisse Rollstuhl fahrende bzw. Rollator benutzende Menschen im Alltag stoßen. Ein großes Problem sei die Bepflasterung der Straßen und Wege in Kappeln, welches aber schon im Rathaus angegangen wird.
"Im Rathaus? Die sind bei mit den Straßen. Also diese Holpersteine hier… das ist ja ziemlich blöd für Rollstuhlfahrer. Und die sind jetzt am planen, dass sie Rollstuhlgerechte Wege machen."
62 Geschäfte wurden kontaktiert, leider haben aber nicht alle mitgemacht.
"Einige Geschäfte haben uns auch ziemlich lange hingehalten. Die haben gesagt: „ « Kommen sie morgen wieder. Heute ist der Chef nicht da.» Das war dann schon ein bisschen nervig, dass wir dann ein Geschäft fünf oder sechsmal anlaufen mussten und im Endeffekt dann gar kein Ergebnis raus hatten. Wo wir dann irgendwann gesagt haben jetzt lassen wir es."
Im Großen und Ganzen reagierten die Mitarbeiter der Geschäfte allerdings sehr positiv auf das Vorhaben und waren sehr Hilfsbereit.
"Viele Geschäfte haben da ziemlich positiv drauf reagiert, fanden das auch eine sehr gute Idee, haben noch so ihre Meinung dazu gesagt, was sie so verändern würden in Kappeln, also gerade mit diesen Wegen. Also bei den Holpersteinen haben viele gesagt, dass das ein Problem ist. Die wussten ja vorher alle gar nichts von dem Projekt. Die dachten ja wirklich, dass die Klassenkameradin von uns im Rollstuhl sitzt. Und da waren einige Geschäfte, gerade die, die die schweren Türen vorne haben. Die sind dann gleich an die Tür gegangen, haben die Tür geöffnet. Da waren schon Geschäfte dabei, die ziemlich Hilfsbereit waren."
Nach Prüfung der Barrierefreiheit gab man den Geschäften Tipps, z.B. die teilweise schon vorhandenen Rampen im Eingangsbereich länger zu gestalten, um die Steigung zu minimieren. Am Ende bekam jeder der Läden ein selbstentworfenes Piktogramm, das in den Schaufenstern darauf hinweist, ob die jeweilige Einkaufsmöglichkeit Rollstuhlgerecht ist oder ob man Hilfe benötigt.
Eine Bank ist dabei, Baumaßnahmen einzuleiten, andere versprachen, sich Rampen anzuschaffen oder bereits vorhandene zu verlängern. Doch bisher sei nichts in die Tat umgesetzt worden.
Das gesamte Interview können Sie auch als Hördatei herunterladen.